Willkommen

a_0022311.jpg

Seit 2011 bin ich journalistisch tätig. Zuerst arbeitete ich bei Independent Radio, dann beim Kultureinflößer und schließlich arbeite ich heute beim Thüringer Boten. Doch dies soll nur der Beginn meiner journalistischen Karriere sein. Als Jahrgang 1996 habe ich – hoffentlich – noch einiges vor mir. Dieses Blog soll meine journalistische Tätigkeit öffentlich sichtbar machen und als Querverweis in meinen Bewerbungen dienen. Aber selbstverständlich sind auch alle anderen interessierten Leser hier herzlich willkommen!

Ich wünsche Ihnen allen viel Spaß mit der Lektüre!
Mit freundlichen Grüßen

Christian A. Schüller

PS: Für Fragen, Anmerkung oder ähnliches stehe ich natürlich immer gerne via Mail (schueller@thueringer-bote.de) zur Verfügung!

Eine neue Lernkultur für Meiningen

Meininger Tageblatt, 21.03.2014

Am vergangenen Samstag kamen auf Einladung zahlreiche Vertreter aus Politik, Verwaltung und Gesellschaft in der Volkshochschule Meiningen zu einer Nelecom-Werkstatt zusammen. Eingeladen hatten Bürgermeister Fabian Giesder und die neue Projektkoordinatorin für Nelecom in Meiningen Iris Helbing.

Nelecom (was ausgesprochen „Neue Lernkultur in Kommunen“ bedeutet) bezeichnet die Idee, eine Kommune an sich als Lernort für Kinder und Jugendliche zu betrachten. So sollen Jugendliche über die Grenzen der Schule hinaus Meiningen als einen „Gestaltungskommune“ (Helbing) betrachten und sich beispielsweise bei der Feuerwehr oder in einem Tierpark engagieren. Lernen, so Ingo Wachtmeister von „Lernen durch Engagement“, „soll wieder an einen praktischen Bezug herangeführt werden.“ Zusätzlich födert man so die emotionale Bindung der Jugend an die Kommune.

Vorbilder Trusetal und Schmiedefeld

Unter den Anwesenden waren unter anderem Vertreter der Regelschulen Trusetal und Schmiedefeld.

Die Regelschule Trusetal wird den Schülern zwei Unterrichtsstunden pro Woche freizugeben. In diesen zwei freien Schulstunden pro Woche engagieren sich die Schüler beispielsweise in einem Tierpark.

Die Regelschule Schmiedefeld greift diese Idee auf und stellt alle Schüler der 8. Klassestufe im zweiten Halbjahr von einer AG frei.

Die ersten Erfahrungen sind sowohl in Trusetal als auch in Schmiedefeld positiv.

Kinderstadt Meiningen

In den letzten drei Jahren war die Kinderstadt Meiningen ein großer Erfolg. In jeweils der letzten Sommerferienwoche gründen etwa 300 7- bis 13-jährige mitten in Meiningen ihre eigene Stadt, wählen einen Kinderstadtrat und lernen verschiedenste Berufe kennen. Erwachsene dürfen die Kinderstadt nur mit Sondergenehmigung betreten. Die Stadt Meiningen unterstützt dieses Projekt.

Arbeit in den Workshops

Nach einem arabischen Mittagessen fanden sich die Teilnehmer in fünf verschiedenen Workshops zusammen, um die mögliche Umsetzung von Nelecom in Meiningen genauer zu erörtern. Im Anschluss wurden die Ergebnisse in großer Runde präsentiert.

Ein Jugendstadtplan, so schlug beispielsweise der Workshop Ideenfindung vor, könne durchaus den Jugendlichen die Möglichkeit geben, sich einen besseren Überblick über die Freizeitangebote in der Region zu schaffen.

Um eine neue Lernkultur voll und ganz in Meiningen zu etablieren wird es also noch Zeit brauchen. Der Nelecom-Workshop am vergangenen Samstag war der zweite seiner Art. Es ist zu erwarten, dass es nicht der letzte war.

Henfling-Gymnasium hat neuen Integrationspaten

Meininger Tageblatt, 08.03.2014

Seit gut einem Jahr hat das Henfling-Gymnasium einen Integrationspaten für Schüler mit Migrationshintergrund. Dieser wurde nun neu gewählt.

Meiningen – Am vergangenen Mittwoch wählten die Schüler mit Migrationshintergrund Domenik Eichhorn zum neuen Integrationspaten des Meininger Henfling-Gymnasiums. Der Elftklässer folgt damit Olga Naumann in einer Position, die seit nunmehr einem Jahr besteht.

Die Wahlbeteiligung von 45 Prozent fällt gegenüber dem Vorjahr deutlich geringer aus. 2013 beteiligten sich noch 63 Prozent der 38 wahlberechtigten Migranten. 79 Prozent der anwesenden Migranten sprachen Domenik Eichhorn ihr Vertrauen aus.

Seine Aufgabe besteht bis zu den Wahlen Anfang 2015 nun darin, die Interessen der Migranten an der Schule gegenüber den Mitschülern und Lehrern zu vertreten. Durch seine Schlichterrolle in möglichen Konfliktsituationen und Präventivmaßnahmen soll die Integration der Migranten in die Schulgemeinschaft erleichtert werden.

Gut gemeint, schlecht gemacht

KOMMENTAR; Meininger Tageblatt, 24.12.2013

„Jugend MGN“ war angetreten, um anders zu sein, um sich von den Erwachsenen zu distanzieren. Quasi als örtliche Lobby der Jugendlichen, die Meiningen immer öfter gen Großstädte verlassen.

Stadtrat Michael Wagner hat hierbei großes Engagement gezeigt, etwas für die Jugendlichen in der Region zu tun. Er ist einer der wenigen Regionalpolitiker, die sich auch um unsere Belange Sorgen machen. Doch leider wurden diese Visionen nicht gut in die Tat umgesetzt.

Mit der Gründung des Vereins im Frühjahr diesen Jahres wollte Wagner das umsetzen, was er glaubt in den Jahren seiner Tätigkeit als Jugendpfarrer in der DDR gelernt zu haben. Doch trotz dessen unterliefen ihm von Beginn an systematische Fehler.

Von Anfang an gab ich, als damals noch Mitbeteiligter, zu bedenken, dass ein solcher Verein sich erst einmal selbst definieren muss. Doch bis heute wurde keine Satzung ausgearbeitet, bis heute leitet Wagner den Verein „kommissarisch“.

Zurecht hörte ich von einem ebenfalls ehemaligen Beteiligten die Beschwerde, dass nur einer immer rede – Wagner. Wenn es ein solcher Verein nicht einmal schafft, aus seiner Mitte einen Vorsitzenden zu wählen, der der eigenen Klientel entstammt, dann weiß ich nicht auf welcher Grundlage man arbeiten kann.

Diese ganzen Missstände gipfelten im Oktober in einer Stadtjugendkonferenz, die einem Desaster glich. Niemand, außer dem Initiator, kam zu Wort. Die Idee hinter „Jugend MGN“ wurde den neu hinzugekommenen mit keinem Wort erklärt. Diejenigen, die sich so ein Bild von ihrer neuen Lobby machen wollten, hatten schnell genug davon. Es hätte ein Warnschuss sein können. Aber er wurde ignoriert.

Feuer, wo bist du?

In 2012 noch als „Der Kultureinflößer“ veröffentlicht.

Wir Menschen sind stolz auf diesem Planeten die treibende Kraft zu sein, die Errungenschaften der Vergangenheit haben uns zu dem gemacht, was wir heute sind: Zu Wesen des Wissens, der gottesähnlichen Schöpfungskraft mit deren Hilfe wir fast alles formen und gestalten können wie es uns genehm ist. Nur uns selbst nicht.

Wenn wir ehrlich wären müssten wir zugeben, dass wir mit den Forderungen an uns, unseren eigenen Zielen und Ehrgeize selbst längst gescheitert sind – die, die einmal welche stellten, verdrängten sie längst in der beklemmenden Einsicht sich doch nicht durchsetzen zu können, das schwächere, wenn nicht gar das schwächste Glied zu sein; so verlieren wir letztlich sogar gegen uns selbst. In der Tragik dieses Umstandes ist es leicht zu übersehen, dass wir so in einen Strudel geraten sind, der uns längst zu Objekten hat werden lassen, die sich mit großer Müh und elender Not durch den quälend langen Alltag schleifen, und dabei unsere menschlichen Emotionen in den vielen Ausprägungen vergessen haben.

Was fehlt sind Charaktereigenschaften wie Dickköpfigkeit, Leidenschaftlichkeit und Anspruch an sich selbst. Das innere Feuer muss brennen – so lichterloh wie nur irgend möglich. Anstatt uns immer nur von außen berauschen lassen zu müssen sollten wir unsere innere Fete feiern, die Schönheit eines erreichten Zieles oder des bloßen Werkes entdecken und den Weg dorthin wie keinen anderen genießen.

Hierbei spielt Leidenschaft eine wichtige Rolle. Die Fähigkeit sich für etwas zu begeistern, den Willen darauf zu fokussieren nur um des Gelingens Willens – nicht weil andere es verlangen, die Welt ist auszublenden, der Augenblick wird zu einem Lebensinhalt, der sich sonst nirgends wiederfindet, erleben wir ihn doch als seien wir von den Problemen befreit; mit der heute allgegenwärtigen Ideologie des universellen Pragmatismus nur schwer vereinbar, schließlich zielt dieser darauf ab die klaffenden Schwierigkeiten des Alltages möglichst rational zu lösen. Das bedeutet, dass dem Pragmatiker eine oberflächliche, aber dennoch zeit- und energiesparende Lösung des Problems lieber ist, als ein aufarbeitender, gut fundierter Prozess, der sicherlich so unglaublich viel Aufwand mit sich bringt.

Lethargie ist das neue Schwert im Kampf gegen die Bedrohungen der Arbeit und des Tuns, das Modell Mensch wandelt sich zu einem Auslaufmodell, welches seinen Motor mit dem Lauf der Zeit langsam herunterfährt, ihn auf Komfortmodus trimmt, die Welt sich drehen lässt.

Was ist nur mit dem Feuer los?

„Aufklärung mit Unterhaltungswert“

Ein Kommentar vom 6. Januar 2013

Es ist Freitagabend, 22.30 Uhr. Beim ZDF erleuchtet in diesen Minuten eine den gesamten Bildschirm einnehmende blau-gepunktete Weltkugel, bevor sich der Schriftzug der Heute-Show zeigt. Die Kamera zeigt das vor lauter Vorfreude tobende Publikum und visiert letztlich Oliver Welke an. Dieser begrüßt und bedankt sich freundlich, Krawatte und Anzug lassen ihn seriös wirken.

„Jetzt haben wir ihn gefunden, den lustigsten Clip aller Zeiten.“ Sein klarer Sprachstil mit viel Intonation bannt die Aufmerksamkeit auf seine Person. „Meine Damen und Herren zu Hause, schicken Sie die Kinder aus dem Zimmer, schnallen Sie sich an, machen Sie die Hose auf.“ Das Publikum kichert und wartet gespannt, Welkes Augen werden immer größer, er beugt sich immer weiter zur Kamera. Dann wird Angela Merkel eingeblendet: „Diese Bundesregierung ist die erfolgreichste Bundesregierung seit der Wiedervereinigung.“ Das Publikum tobt, doch Welke beherrscht sich, setzt gar noch einen drauf. Mit Feuerwerk und Partypfeife verleiht er Merkel den Comedypreis 2012, das Publikum ist begeistert.

Unter anderem durch solche Szenen ist die Heute-Show bekannt geworden. Sie „ist ein entschlossenes System. Sie wagt statt nur abzuwägen. Sie beschleunigt weit in den roten Bereich […]“, bestärkt die Grimmepreis-Jury 2010 die Sendung mit einer Ehrung. Plötzlich ist aus dieser „ausschließlichen Unterhaltung“ (Oliver Welke) „Aufklärung mit hohem Unterhaltungswert“ geworden – so Claus Richter, der im vergangenen Jahr der Heute-Show den Hanns-Joachim-Friedrichspreis verlieh.

Auch deshalb ist sie im politischen Berlin gefürchtet, weiß man doch, dass jede Äußerung gegenüber den Korrespondenten der Heute-Show auf die goldene Wage gelegt werden kann. Mit Sätzen wie „Die sind von der Heute-Show, da müssen sie vorsichtig sein!“ versuchen sich die Parteitagsdelegierten vornehmlich der FDP oft gegenseitig zu warnen, die Reporter van der Horst, Sonneborn und Co. wissen von der Furcht der Politiker, aber lassen es dennoch meist richtig krachen.

Die Heute-Show hält eben nichts von Political Correctness, bedient gnadenlos das, was das Publikum hören möchte – Mainstream eben. Da haut man öfter mal auf die Liberalen ein, verunglimpft Westerwelle, Bahr und Rösler mit einer verfälschten Intro „Two and a half Prozent“ und lässt Christian Wulff im Studio anrufen. Die letzte rote Linie jedoch, am äußersten Rand des „roten Bereiches“ wird ganz im Sinne des Mainstream nicht überschritten – auf einer NPD-Veranstaltung werden kommunalpolitische Nazi-Kader spöttisch mit an Draht befestigtem Hitler-Bart verscherzt. Diese Sendung baut sich ihren eigenen Horizont auf, dem System Witz scheint alles untergeordnet.

Manchmal jedoch, skizziert die Show gekonnt – mit viel Fingerspitzengefühl für Metaphorik und Ironie – aktuelle politische Ereignisse.

Als beispielsweise die CSU 2010 Stimmung gegen Multikulti machte, der laut Seehofer sowieso längst „tot“ war, ließ die Heute-Show aufhorchen. Oliver Welke verließ seine übliche Moderationsposition und begab sich an einen geselligen Stammtisch tiefbayrischer Art. Die Maß Bier stand auf dem Tisch, die Zigaretten qualmten aus dem Munde von Albrecht Humbold und Christian Ehring, zwei bekannte Gesichter aus dem Team der Sendung. Dann beginnt Welke mit Stammtischparolen : „Die da oben machen doch eh was sie wollen, die kannste alle in einen Sack stecken, triffste immer den richtigen.“

Doch dies reicht Ehring nicht, er packt die Gelegenheit beim Schopf und leitet zum Thema hin: „Der Seehofer hat ja wohl völlig recht, die sollen sich mal um die deutschen Arbeitslosen kümmern, nicht immer nur um die Ausländer!“ Der bayrische Akzent lässt die Zuschauer ginsen.

Dann, überraschend aber zweifelsohne zum Konzept dieser Sendung gehörend kommt Welke auf den Punkt: „Seehofer, wenn ich das schon höre. Auf einmal hat der Mann ein Herz für deutsche Langzeitarbeitslose. Was hat der denn je für die getan?“ Das Bayrisch musste seiner klaren Sportreporterstimme wieder weichen. „Ich hab‘ das mal nachgeschlagen für die Sendung heute: Schwarz-Gelb kürzt die Arbeitsförderung für Harz IV-Empfänger demnächst um 1,3 Milliarden Euro.“ Der Stammtisch ist empört, Welke wagt noch zu sagen, dass als Politiker nicht entscheidend ist was man sagt, sondern tut.

Humbold und Ehring reden deshalb zunächst über Fußball, bevor Welke auf Integration zurückkommen möchte. „Die Regierung erzählt jetzt ständig, wie wichtig Integration wäre, gibt aber nächstes Jahr 15 Millionen weniger für Integrationskurse aus. Das ist doch Heuchelei pur!“

Doch das war zu viel für den Stammtisch, spöttisch und mit tief-maskulinem Fußball-Gesang vertreiben sie ihn mit „Oli Welke ist homosexuell“ wieder auf seinen Moderationsposten.

The show must go on.

Politik: Der Coup des Jahres 2013

Ein Kommentar

Noch am 21. September 2013 war alles wahrscheinlicher als eine Große Koalition. SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück schloss kategorisch aus, erneut Minister unter Kanzlerin Merkel zu werden – und schien damit einem neuen sozialdemokratischen Lebensgefühl Rechnung zu tragen. Das Wahldebakel von 2009 sollte sich nicht wiederholen. Die Parole hieß: Entweder Merkel oder wir, entweder A oder B. Ein Zwischending? Unmöglich! Doch da hatten die Genossen ihre Rechnung ohne Parteispitze gemacht.

Währenddessen sich Steinbrück den Massen als Anti-Merkel-Rambo zur Verfügung stellte, war Parteichef Sigmar Gabriel insgeheim ein Befürworter einer Großen Koalition, hielt jedoch vor der Wahl seine Meinung darüber zurück. Sein Plan: Steinbrück muss ja nicht erneut Minister unter Merkel werden, sondern kann sich wieder ganz getrost nach Hamburg verabschieden. Dann regeln wir das unter uns mit den Ministerposten. Zur Erinnerung: Niemand hat sein Wort gebrochen!
Trotzdem fühlen sich die Genossen betrogen, woran man mal wieder sieht, was die eigenen Leute von politischem Kalkül verstehen.

Um der Koalition nun die politische Legitimität der Partei zu verleihen, muss Gabriel einen riskanten Schritt wagen – den Mitgliederentscheid. Es werden harte Wochen für den Vizekanzler in spe. Unzählige Diskussionen mit der verbitterten Parteibasis, harsche Widerstände und anhaltende Kritik vom linken Flügen zehren an den Nerven. Die Republik wird ungeduldig und wartet Monate auf die Regierungsbildung. Fragen kommen auf, ob der Mitgliederentscheid überhaupt verfassungskonform sei.

Heute nun wurden die Stimmen der 370.000 Parteimitglieder, das entspricht einer Wahlbeteiligung von gut 78 %, in Berlin ausgezählt. Es stellte sich heraus, dass sich das eingagangene Risiko für Gabriel gelohnt hat: 76 % stimmten für die Koalition. Nun ist er ist der neue starke Mann der deutschen Sozialdemokratie und kann mit erhobenen Haupt in eine Koalition mit Merkel gehen.

Fazit: Steinbrück war der Sündenbock, der der SPD-Basis das vorheuchelte, was sie hören wollte, währenddessen Gabriel auf eine Kanzlerkandidatur verzichtete. Vielleicht ahnten damals beide schon, dass es erneut zu Schwarz-Rot kommen werde. Nun ist Steinbrück weg und der Parteivorsitzende zog seine 180°-Wende durch. Ein politisches Kunststück von Sigmar Gabriel.

Kommentar: NSA/Snowden – Wir sind wirklich feige!

Wenn wir das Jahr 2013 Revue passieren lassen, so müssen wir eines erkennen: In den letzten 365 Tagen waren wir Deutschen wirklich feige! Da können die Amis uns alle (inklusive Mutti!) abhören wie sie wollen, doch wir haben nicht den Mut, darauf halbwegs angemessen zu reagieren. Die Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen? Ja, die gehen munter weiter! Eine angemessene Reaktion wäre gewesen, diese auszusetzen, bis die USA ein No-Spy-Abkommen unterzeichnet hätten. Doch die Politik traut sich einfach nicht!

Ein einzelner deutscher Parlamentarier machte sich auf den Weg nach Moskau zu Edward Snowden, dem Mann, der vom SPIEGEL zurecht zum Mann des Jahres 2013 ernannt wurde. Hans-Christian Ströbele (Grüne) hat damit mehr zur Aufarbeitung dieses fast vergessenes Skandals beigetragen als die übrigen 630 Bundestagsabgeordneten. Und Snowden erfriert irgendwo in der russischen Pampa.

Er brachte ein Schreiben mit, in dem sich „der Aufklärer“ (SPIEGEL) zu einer Aussage in Deutschland bereit erklärte. Doch dieses diplomatische Risiko will man in Berlin nicht eingehen. Wozu auch? Obama und Co. meinen es ja eh nur gut – ganz im Sinne der Terrorprävention. Schon klar!

2014 sollten wir endlich zur Besinnung kommen und erkennen, dass es so nicht weitergehen kann. Die Amerikaner haben unser Vertrauen missbraucht – da nützt es auch nichts, dass Obama im nächsten Jahr mit Blumen und Pralinen in Berlin landen will.

Nein, wir sind längst nicht mehr in den Fängen der Besatzungsmacht USA, wir sind eine ernstzunehmende europäische Nation. Und als solche müssen wir auch international auftreten – mit allem nötigen Selbstbewusstsein!

Kommentar: Reifeprüfung deutscher Außenpolitik

Thüringer Bote, 02.11.2013

Hans-Christian Ströbele hat es geschafft! Sein Besuch beim ehemaligen NSA-Mitarbeiter Edward Snowden und dessen Angebot den Deutschen bei der Aufklärung unter anderem der Handy-Affäre behilflich zu sein, stellt die deutsche Diplomatie vor eine große Herausforderung.

Der bisherige Umgang der Bundesregierung mit den Vorwürfen gegen die USA zeugt von einem ungleichen Verhältnis der beiden Länder. Während die Amerikaner ganz und gar machohaft herumspionieren wo und wie sie wollen, steht die Bundesrepublik als Schoßhündchen der ehemaligen Besatzungsmacht da. Die Bundesregierung zaudert ganz im Stile der Kanzlerin. Es ist gerade so, als ob Deutschland sich für seinen Willen zur Aufklärung rechtfertigen müsse – als seien wir für diese missliche Situation verantwortlich!

Wir, jeder einzelne von uns – inklusive Angela Merkel – sind Opfer der NSA-Bespitzelungsmaschinerie. Einen besseren Grund, deutsche Interessen gegenüber unserem militärischen und wirtschaftlichen Partner USA so offensiv wie nur möglich zu vertreten, gibt es nicht.

Die Bundesregierung muss endlich aufwachen – wenigstens die Handy-Affäre ist Anlass genug einen anderen Ton gegenüber der Obama-Administration anzuschlagen. Schlimm genug, dass Kanzleramtsminister Pofalla das ganze schon für beendet erklärt hat: Der einfache Bürger ist es anscheinend nicht wert.

Wenn die deutsche Außenpolitik ihre Reifeprüfung vor dem deutschen Volk bestehen will und möchte, dass die Deutschen den Politikern da oben endlich abkaufen für den Schutz ihrer persönlichen Daten einzustehen, dann muss Edward Snowden gehört werden und dann müssen auch die Verhandlungen über das Freihandelsabkommen ins Spiel gebracht werden. Diese verfügen über das nötige Schwergewicht, um den Amerikanern Taten und Worte abzuringen.

Denkbar wäre, das Freihandelsabkommen an ein No-Spy-Abkommen – ähnlich wie es zwischen den USA und Großbritannien bereits existiert – zu binden.

Wenn Gerhard Schröder 2002 Nein zu einer Beteiligung am Irak-Krieg sagen konnte, muss Angela Merkel heute etwas gegen die Machenschaften der NSA unternehmen können.